Rezension zu „Wenn die Sonne untergeht“ von Florian Illies
In „Wenn die Sonne untergeht“ nimmt Florian Illies uns mit in einen glühend heißen Sommer des Jahres 1933 – ein spannendes, schicksalsreiches Setting, das sofort das Interesse weckt. Die Familiendynamik der Manns, die auf der Flucht vor den politischen Turbulenzen in Deutschland ihre neuen Wurzeln in Sanary am Mittelmeer schlagen, fesselt von der ersten Seite an. Ich fühlte mich unweigerlich in die drückende Hitze dieses fernen Sommers versetzt, und die sorgenvollen Gesichter der Mann-Familie blieben mir lebhaft im Gedächtnis.
Die Handlung entfaltet sich wie ein prächtiges Bild, das mit zarten, aber kraftvollen Pinselstrichen gezeichnet wird. Zwischen traumhaften Strandtagen und der ständigen Angst um die Heimat wird die Zerissenheit dieser außergewöhnlichen Familie sichtbar. Thomas Mann möchte zurück in seine prächtige Münchner Villa, während sein Bruder Heinrich die Freiheit des Exils genießt. Und dann sind da noch die Kinder, jeder mit eigenen Träumen und Kämpfen, die ihnen in dieser kritischen Zeit begegnen. Besonders der Konflikt zwischen Klaus und Erika, ihre Rebellion und Loyalität gegenüber dem Vater, bringt eine emotionale Tiefe in die Erzählung.
Illies’ Schreibstil hat mir unglaublich gut gefallen – er ist lebendig, flüssig und dabei nahbar. Die Passagen fühlen sich oft wie lyrische Gedankenbekundungen an, die es schaffen, die innere Welt der Charaktere greifbar zu machen. Man leidet mit ihnen, freut sich über kleine Momente des Glücks und wird von der Schwere der politischen Lage erdrückt.
Natürlich gibt es auch kleine Kritikpunkte. Manche könnten vielleicht sagen, dass es manchmal etwas zu verschachtelt ist oder dass sich die politischen Themen gelegentlich etwas in den Hintergrund drängen. Aber gerade diese Balance zwischen persönlichem Schicksal und historiografischer Tiefe macht das Buch spannend.
Insgesamt ist „Wenn die Sonne untergeht“ eine bewegende und tiefgründige Erzählung über Verlust, Identität und die unaufhörliche Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Es ist nicht nur für Geschichtsinteressierte geeignet, sondern für jeden, der Geschichten über Menschen und ihr Streben nach Glück liebt.
⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️ (5 Sterne)