„Das Ehepaar“ von Gillian Hobbs ist ein Psychothriller, der seine Leser in die abgelegene Kulisse des schottischen Hochlands entführt – ein lautloser Ort, der jedoch schnell zu einem Schauplatz des Schreckens wird. Die Protagonistin Scarlett Dyer, die einst als Olivia Lewis das Leben in St. Pit durcheinanderbrachte, sucht nach Flucht und Frieden, wird jedoch prompt von ihrer eigenen Vergangenheit eingeholt. Hobbs versteht es meisterhaft, eine Atmosphäre zu schaffen, die zwischen gedämpfter Ruhe und opressivem Suspense pendelt.
Scarlett ist eine komplexe Figur, die dem Leser sowohl mit ihrer Entschlossenheit als auch ihrer Verletzlichkeit begegnet. Der Wechsel von der vermeintlichen Idylle in Woodnock zu den unheimlichen Vorzeichen, die aus dem Nichts auftauchen, offenbart die Abgründe ihrer Psyche. Jacob, ihr Partner, fungiert als interessanter Kontrapunkt, dessen eigene Schwierigkeiten und schwindende Glaubwürdigkeit das Bedürfnis nach Schutz und Normalität nur noch verstärken. Die Dynamik zwischen den beiden ist spannend und lässt einen bis zur letzten Seite mitfiebern.
Hobbs‘ Schreibstil ist präzise und beeindruckend. Sie nutzt eine Mischung aus knackigen Dialogen und atmosphärischen Beschreibungen, die den Leser unweigerlich ins Geschehen hinein ziehen. Ihre Fähigkeit, die Gedankenwelt Scarletts lebendig darzustellen, verleiht der Geschichte eine tiefere, beinahe claustrophobische Dimension. Es gibt passagenweise Momente, in denen man das Gefühl hat, selbst in der schottischen Kühle und Düsternis gefangen zu sein, während die Spannung konstant ansteigt.
Ein besonders packendes Element ist das Manuskript, das vor Scarletts Tür auftaucht – es fungiert nicht nur als emotionaler Katalysator, sondern spinnt auch Fäden zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Deren Enthüllungen sind sowohl erschütternd als auch nachvollziehbar: die Rache ist ein immerwährendes Motiv, das die Handlung vorantreibt und alle Figuren auf unterschiedliche Weise prägt.
In der Prämisse mag „Das Ehepaar“ gewöhnlich klingen – der Psychopath aus dem Hinterhalt, die aus einem anderen Leben gewendete Existenz. Doch durch die starke auch unkonventionelle Darstellung der Charaktere und die unvorhersehbaren Wendungen hebt sich Hobbs von anderen Genreschöpfungen ab. Leser werden Zeugen, wie sich aus dem Massiv des Übernatürlichen und Menschlichen eine schillernde Erzählung entfaltet.
Insgesamt ist „Das Ehepaar“ eine fesselnde Lektüre, die durch ihre psychologische Tiefe und detailverliebte Erzählweise besticht. Hobbs gelingt es, Spannung und Charakterentwicklung zu einem Konstrukt zu verweben, das neugierig auf mehr macht – sowohl hinsichtlich der Wendungen der Handlung als auch der schleichenden Enthüllungen aus Scarletts komplexem Inneren. Wer bereit ist, in die dunklen Ecken der menschlichen Psyche einzutauchen und sich von einer gekonnten Mischung aus Humor und Wahnsinn mitreißen zu lassen, wird hier fündig.
