Russlands Unterwasser-Technologie für Atomwaffen in der Arktis
Hamburg (ots) – Russland nutzt ein Unterwasser-Spähsystem zur Sicherung seiner Atomwaffen in der Arktis, das mit fortschrittlicher Technologie aus EU-Staaten und den USA ausgestattet ist.
Recherche und Ursprung der Informationen
Das internationale Rechercheprojekt „Russian Secrets“, an dem der NDR, WDR und die Süddeutsche Zeitung beteiligt sind, legt das Ausmaß des Firmennetzwerks offen, durch das russische Geschäftsleute Technik im Westen beschafft haben. Finanzunterlagen, Gerichtsdokumente und Sicherheitsinformationen belegen, dass seit über zehn Jahren Waren aus verschiedenen europäischen Ländern sowie den USA, Kanada und Japan importiert werden.
Die zentrale Rolle von Mostrello Commercial Limited
Im Mittelpunkt des Beschaffungsnetzwerks steht die Firma Mostrello Commercial Limited, registriert auf Zypern. Sie gehört einem Moskauer Unternehmer, der in der Unterwassertechnik tätig ist und zuvor für das russische Militär gearbeitet hat. Laut den Recherchen hat Mostrello seit 2013 Unterwassertechnik im Wert von über 50 Millionen Dollar beschafft.
Verwendung der Technologie
Die importierten Güter wurden nach Russland transportiert und könnten teilweise für den Bau eines Spähsystems mit dem Projektnamen „Harmonie“ verwendet worden sein. Dieses Unterwasser-System in der Barentssee dient der Aufspürung westlicher U-Boote und soll das strategisch wichtige Atomwaffenarsenal Russlands schützen. Ein Vertrag besteht mit dem Rüstungskonzern Kometa, der für den Bau verantwortlich sein soll.
Lieferungen und rechtliche Rahmenbedingungen
Vor dem Ukraine-Konflikt 2022 waren Geschäfte mit Russland nicht verboten, solange EU-Firmen nicht absichtlich militärische Produkte lieferten. Hinweise darauf, dass Unternehmen wussten, dass die Technik militärischen Zwecken dienen könnte, gibt es nicht.
Die Norddeutschen Seekabelwerke (NSW) hatten zwischen 2013 und 2019 Transaktionen im Wert von rund 15 Millionen Dollar mit Mostrello. Diese betrafen unter anderem Telekommunikationskabel. Ein Sprecher der Muttergesellschaft Prysmian erklärte, die Kabel seien für zivile Zwecke bestimmt und in Übereinstimmung mit allen geltenden Gesetzen verkauft worden.
Die Innomar GmbH aus Rostock lieferte im Jahr 2015 ein Sonargerät an Mostrello. Innomar bestätigte diesen Vorgang und erklärte, dass der Export im Vorfeld geprüft wurde und zu diesem Zeitpunkt keine Einschränkungen bestanden. Weitere Verkäufe an Mostrello fanden nicht statt.
Europäische Sanktionen
Seit 2014 hat die EU die Exportregelungen nach Russland verschärft. Seit dem Einmarsch in die Ukraine gelten besonders strenge Vorschriften. Dennoch fand nach Februar 2022 weiterhin eine Lieferung an das „Mostrello-Netzwerk“ statt. Ein kirgisisch-russischer Geschäftsmann wurde aufgrund von Gesetzesverstößen im Umgang mit Mostrello zu fast fünf Jahren Haft verurteilt.
Standort des Spähsystems
Die Recherche ermittelte den möglichen Standort des „Harmonie“-Systems in der Barentssee. Die Analyse von Schiffsbewegungen, Satellitendaten und Social-Media-Beiträgen weist darauf hin, dass das System in der Nähe von Murmansk und Nowaja Semlja installiert sein könnte.
Reaktionen und Ausblick
„Russland hat äußerst raffinierte Wege gefunden, unsere Sanktionen zu umgehen“ – David O‘Sullivan, EU-Sanktionsbeauftragter
O‘Sullivan appelliert an die Mitgliedsstaaten und die Wirtschaft, Strategien zur Umgehung der Sanktionen zu verhindern.
Die umfassenden Ergebnisse der Recherchen sind international veröffentlicht und werden unter anderem im ARD-Magazin „Panorama“ sowie im tagesschau-Podcast „11km“ vorgestellt.
Bildunterschrift: Foto von Moritz Kindler auf Unsplash
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