Das Pädagogische ist Politisch
Hamburg (ots) – Wilhelm Flitner (1889-1990) gehört zu den prägenden Persönlichkeiten der Erziehungswissenschaft im 20. Jahrhundert. Eine Biografie schildert nun sein Wirken an der Universität Hamburg zwischen 1929 bis 1969 und bietet erstmals Einblicke in Flitners bislang unveröffentlichte Tagebücher.
Katakombenzeit und ihre Bedeutung
„Katakombenzeit“ zeigt die Facetten eines Wissenschaftlerlebens, das sich während der nationalsozialistischen Jahre zu bewähren wusste. Vor allem gestaltete Flitner das akademische Fundament der Lehrerausbildung durch seine „Systematische Pädagogik“ entscheidend mit. Während des „Dritten Reiches“ übte Flitner Gegenwarts- und Politikkritik. So bot er beispielsweise im Wintersemester 1944/45 ein Kolleg über Geschichtsphilosophie an. Damit lieferte er Gegenpositionen zur nationalsozialistischen Staats- und Erziehungslehre und stimulierte das eigenständige Denken der Studierenden. In seinen Seminaren trafen sich Mitglieder der Widerstandsgruppe der Hamburger „Weißen Rose“.
Einfluss nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg wirkte Flitner als wichtiger Berater der Bildungspolitik der jungen Bundesrepublik. Der zehnte Band der Reihe „Wissenschaftler in Hamburg“ der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung rückt eine besondere Persönlichkeit und deren intellektuelles Profil ins Zentrum.
Ekkehard Nümann, Präsident der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung, betont: „Wilhelm Flitner war nicht nur Erziehungswissenschaftler, er war auch ein Netzwerker mit nationalen und internationalen Verbindungen.“ Seine Verwurzelung in der Volksbildung und seine tiefe Menschenkenntnis machten ihn zum Mittelpunkt geselliger Kreise.
Erziehungswissenschaft und kulturelles Engagement
Meike G. Werner, neben Rainer Hering Co-Autorin der Biografie, führt aus: „Wilhelm Flitner hat die Universität Hamburg zu einem theoretisch und praktisch maßstäbe setzenden Ort moderner Erziehungswissenschaft gemacht.“ Sein Einfluss als Mitherausgeber der Zeitschrift ‚Die Erziehung‘ und sein Wirken als Anreger bildungspolitischer Debatten zeigen ihn als gesellschaftlich wachen Zeitgenossen.
Details zur Biografie
Meike G. Werner, Rainer Hering, Katakombenzeit. Wilhelm Flitner in Hamburg 1929-1969, Göttingen (Wissenschaftler in Hamburg, hg. von Ekkehard Nümann für die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung, Bd. 10), Wallstein Verlag 2025, 488 S., 140 z.T. farb. Abb., geb., Schutzumschlag, ISBN 978-3-8353-5638-2, 39 Euro.
Über die Reihe „Wissenschaftler in Hamburg“
Überzeugend konzipiert und kenntnisreich geschrieben, schildern die Biographien der Reihe „Wissenschaftler in Hamburg“ Werk und Leben bedeutender Persönlichkeiten, die an der Universität Hamburg und weit darüber hinaus gewirkt haben.
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