Startseite Regio PostBremer Post Sexarbeit in Deutschland: Einblicke in die Geschichte und das gesellschaftliche Stigma

Sexarbeit in Deutschland: Einblicke in die Geschichte und das gesellschaftliche Stigma

von Nordische Post
0 Kommentare 0 Aufrufe

Exklusive Reportage in der ARD Mediathek


Bremen (ots) – Seit Jahrhunderten befriedigt Prostitution sexuelle Bedürfnisse – und genauso lange stehen Menschen, die diese Dienste anbieten, am Rande der Gesellschaft, und die Politik diskutiert Verbote und Strafen, setzt sie aber nicht in Kraft. „Warum ist Sexarbeit dann bis heute so stigmatisiert?“, fragt sich „Past Forward“-Reporterin Sophie Labitzke.

Einblick in die Geschichte der Helenenstraße

Sophie taucht ein in die Geschichte der ältesten Bordellstraße Deutschlands, der Bremer Helenenstraße, und spricht mit Sexarbeiterinnen und -arbeitern über gesellschaftliche Ablehnung und den Wunsch, nicht mehr ausgegrenzt zu werden. Die neue Folge „Past Forward: Sex gegen Geld – Eine Frage der Moral?“ ist exklusiv in der ARD Mediathek abrufbar. (Link zur Mediathek)

Prostitution im Wandel der Zeit

Fast täglich fährt Sophie an der Helenenstraße vorbei, die mitten im Bremer Szene-Viertel Steintor liegt. In den Archiven findet Sophie eine Flut an Material: Die Helenenstraße wurde 1878 als sogenannte Kontrollstraße eingerichtet, um Prostitution besser zu kontrollieren und galt als Vorzeigemodell für andere Städte. Hier arbeiteten und lebten Prostituierte unter polizeilicher Aufsicht – und vor allem wurden sie hier vom vermeintlich anständigen Teil der Gesellschaft ferngehalten.

Von solchen Kontrollstraßen profitierten allerdings vor allem die Hausbesitzer, die Wuchermieten von den Frauen verlangten, die nirgendwo anders sein durften, und sie so indirekt zwangen, mehr Kunden zu bedienen. Immer wieder fordern die Politiker, aber auch die Nachbarn die Schließung der Helenenstraße. Bis heute wird die Helenenstraße gut frequentiert.

Gespräch mit Sexarbeiterinnen und Historikern

Sophie trifft Bea Augustin, die 1991 hier als Sexarbeiterin anfing und heute für den Verein Nitribitt Sexarbeitende unterstützt. Für Bea war Sexarbeit immer ein Job, der mehr gesellschaftlichen Respekt verdient: „Es ist immer noch ein Geschäft zwischen zwei Erwachsenen. Die Frauen sind alle volljährig, das man sollte denen einfach nicht absprechen, dass sie sich freiwillig dafür entschieden haben.“

Mit der Historikerin Mareen Heying spricht Sophie über die Geschichte der Prostitution, die Entstehung der Hurenbewegung und was den gesellschaftlichen Umgang mit Sexarbeit geprägt hat. Ab 1901 galt Prostitution in Deutschland als sittenwidrig, zu einem Verbot konnte sich die Politik nicht durchringen.

Aktuelle politische Diskussionen

Aktuell diskutieren Politikerinnen und Politiker über ein Sexkaufverbot, das den Kauf sexueller Dienstleistungen verbietet, während die Sexarbeitenden straffrei bleiben. In Berlin besucht Sophie die Demo zum Internationalen Hurentag und spricht mit aktiven Sexarbeiterinnen über ihre Situation und ihre Forderungen und warum sie ein solches Sexkaufverbot strikt ablehnen.

Das Sexkaufverbot soll eigentlich denen helfen, die unter teils elenden und menschenunwürdigen Bedingungen zur Prostitution gezwungen und sexuell ausgebeutet werden. Anna arbeitet als Sozialarbeiterin für das Hamburger Projekt Fairlove und unterstützt vor allem Frauen, die unfreiwillig in der Prostitution gelandet sind, beim Ausstieg.

Ein Blick hinter die Kulissen

Sophie spricht mit Anna über die sogenannte „Loverboy-Methode“, mit der meist sehr junge Mädchen und Frauen in die Prostitution gelockt werden und wie man sie davor schützen kann. In der DDR war Prostitution ab 1968 verboten. Stattgefunden hat sie trotzdem, der Staat duldete sie und nutzte sie sogar.

Die Historikerin Steffi Brüning hat mit ehemaligen DDR-Prostituierten über ihre Motivation und Erfahrungen gesprochen und zum Thema geforscht. Sogenannte „Honigfallen“ arbeiteten sogar im Auftrag der Staatssicherheit: Prostituierte, die gezielt auf „operativ interessante“ Personen angesetzt wurden, um sie zu bespitzeln und Informationen zu entlocken.

Perspektiven der Sexarbeitenden

Mit Sexarbeiter Kolja Nolte betritt Sophie zum ersten Mal in ihrem Leben ein Bordell. Kolja macht seit 12 Jahren Sexarbeit, hauptsächlich im SM-Bereich, und engagiert sich für die Rechte von Sexarbeitenden beim Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen. „Das gesellschaftliche Stigma aber sei immer noch weitverbreitet,“ sagt Kolja.

Was sich denn ändern müsse, will Sophie von ihm wissen. „Dass Sexarbeit irgendwann als normaler Job angesehen werde und Sexarbeitende als Teil der Gesellschaft anerkannt, und nicht mehr ausgegrenzt würden,“ meint Kolja.

Sex gegen Geld bleibt für die meisten eine Frage der Moral. „Past Forward“-Reporterin Sophie merkt, dass das Thema früher als auch heute vor allem eins ist: Eng verbunden mit gesellschaftlicher Doppelmoral.

Eine Dokness Produktion (Autorinnen Nadja Kölling und Sophie Labitzke) im Auftrag von Radio Bremen (Redakteurin Michaela Herold) für die ARD Mediathek 2024.

Foto von Jahanzeb Ahsan auf Unsplash

Original-Content: news aktuell

Das könnte Sie interessieren

Hinterlasse einen Kommentar

* By using this form you agree with the storage and handling of your data by this website.

Egal, ob es um lokale Ereignisse in Hannover, Braunschweig, Oldenburg oder anderen Städten geht, wir sind immer hautnah dabei und bringen Ihnen die spannendsten Geschichten näher.

©2024 Nordische Post, A Media Company – All Right Reserved.

Are you sure want to unlock this post?
Unlock left : 0
Are you sure want to cancel subscription?

Diese Website verwendet Cookies, um Ihr Erlebnis zu verbessern. Wir gehen davon aus, dass Sie damit einverstanden sind, aber Sie können sich auch dagegen entscheiden, wenn Sie es wünschen. Akzeptieren Mehr lesen

-
00:00
00:00
Update Required Flash plugin
-
00:00
00:00

Adblock Detected

Please support us by disabling your AdBlocker extension from your browsers for our website.